Selbstzweifel – nützlicher Antrieb oder lästige Bürde? (M)eine ganz persönliche Reflexion abseits von Befindlichkeiten und Tabus…

Selbstzweifel – Versuch einer Annäherung

Kommunikationsberatung und Unternehmensberatung Radebeul, Dresden und Umgebung - soziale Nachhaltigkeit - Gelingende Kommunikation

Wir alle durchleben Phasen der Selbstzweifel. Zeiten, in denen uns bohrende Fragen an und über uns selbst plagen, ohne dass wir gleich die passenden Antworten zur Hand haben, um unseren Weg unbeeindruckt weiterzugehen.

Ob wir uns alle dessen bewusst sind und wie wir mit solchen Erfahrungen umgehen, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt. Wagen wir einen Blick in unser berufliches und privates Umfeld, werden die meisten von uns jedoch vermutlich einen anderen Eindruck gewinnen, wie es in den Menschen aussieht. Klar, im engsten Familien- und Freundeskreis zeigt man sich schon mal sein wahres inneres Gesicht und spricht über die ansonsten oft tief vergrabenen Zweifel – das macht ja schließlich eine gute und enge Beziehung zwischen Menschen aus, oder? Aber schon im beruflichen Kontext sieht es, wenn wir ehrlich zueinander und uns selbst sind, häufig doch etwas anders aus. Da stehen vor allem die eigenen Leistungen, Errungenschaften und überwundenen Schwierigkeiten im Mittelpunkt. Auf der Jagd nach der nächsten Karrierestufe, im Vorstellungsgespräch oder bei der Erstellung des eigenen Lebenslaufes tun wir uns mit den Schattenseiten des Erfolgs, mit den Zeiten, in denen nicht alles glatt lief und wir emotional eben nicht Herr der Lage waren oft schwer. Eher noch werden Scheitern und Misserfolg mittlerweile (sogar bei uns in Deutschland) als positives Asset gewertet, als Zeichen innerer Stärke, Willenskraft und Erfolgshungers. Aber Sprechen über die negativen Gefühle dahinter? Weitestgehend Fehlanzeige… Über die sozialen Medien und den Druck der Hochglanz-Scheinwelten brauchen wir erst gar nicht zu reden.

Ich möchte an dieser Stelle meine ganz individuellen Erfahrungen mit Selbstzweifeln teilen. Nicht weil ich nach Aufmerksamkeit und Mitleid suche oder anderen die Ohren mit leidvollen Geschichten volljammern möchte! Und auch nicht, weil ich Selbstzweifel irgendwie als cool, trendy oder hipp promoten will. Vielmehr habe ich aus diesen Zeiten gelernt, dass wir eine Sache niemals unterschätzen sollten: Miteinander reden! Und zwar nicht, wie wir es Tag für Tag stundenlang machen, über Gott und die Welt, sondern ehrlich über einander und unsere Gefühlswelten. Denn nur durch gelungene Kommunikation auch in diesem ganz sensiblen Punkt können wir wirklich in nachhaltigen und gesunden Kontakt und Austausch mit uns selbst und anderen treten. Klingt banal und unspektakulär? Aber warum sind wir dann ganz offensichtlich so schlecht darin, unsere Selbstzweifel und uns selbst zu offenbaren?

Bevor ich anhand der folgenden fünf Beispiele meine eigenen Erfahrungen teile und davon ausgehend zur offenen Diskussion einlade, möchte ich eines vorwegnehmen: Wer das Thema für unnötig, albern, schwach, irrelevant oder sonst irgendwie nicht ernst zu nehmen hält, mag doch bitte an dieser Stelle einfach aussteigen. Entsprechend destruktive Kommentare bringen niemandem etwas…

1: als Hobbymusiker unter angehenden Profis

Seit meiner frühen Jugend spiele ich als Pianist und Saxophonist in verschiedenen Jazzensembles. Dabei stand für mich schon früh fest, dass mir zwar ein Leben ohne aktives Musizieren nicht vorstellen kann, der Weg zum Profimusiker jedoch nicht der meine sein wird.

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Gleichwohl hatte ich stets einen recht hohen musikalischen Anspruch an mich selbst: Was kann ich am Instrument umsetzen, wie klinge ich, wie hole ich das Maximum aus meinen begrenzten Fertigkeiten heraus? Für alle, die sich im Bereich der Musik nicht so gut auskennen: Es ist wie überall. Talent und Veranlagung sind die Grundvoraussetzung, aber Übung (und damit meine ich viele, viele Stunden) macht den Meister. Was aber macht man, wenn es nicht am Talent liegt, sondern daran, dass der Tag zu wenig Stunden hat und die eigene Profession in anderen Bereichen liegt? Und wenn man dann noch regelmäßig mit jungen, angehenden Profimusikern zusammenspielt, die in kurzer Zeit Fortschritte erzielen, für die man selbst Jahre braucht? Ich habe irgendwann einen Weg gefunden, die Unzufriedenheit mit mir selbst (ja, natürlich klinge ich nicht wie ein Profisaxophonist!) und die immer wiederkehrenden Selbstzweifel (bin ich überhaupt gut genug? Sollte ich nicht doch mehr üben?) zu akzeptieren und als Antrieb für mein musikalisches Schaffen zu nutzen. Das geht nicht von heute auf morgen, es erfordert Zeit, Geduld und einen intensiven inneren Dialog. Ein ganz wichtiger Punkt dabei war für mich, mich von scheinbar objektiven Bewertungsmaßstäben zu emanzipieren und meinen eigenen musikalischen Vorstellungen nachzugehen. Mir die Frage zu stellen: Was bedeutet Musik für mich ganz persönlich? Wie kann ich mich trotz meiner beschränkten technischen Fähigkeiten musikalisch ausdrücken? Letztlich hat das sogar dazu geführt, dass ich mittlerweile über 30 Jazzstücke und -arrangements (bis hin zu Kompositionen für Bigband) geschrieben habe, ohne das jemals in irgendeiner Form offiziell gelernt und viele Übungsstunden in diese Kunst investiert zu haben. Innere Überzeugung, aktive Selbstreflexion und die Auseinandersetzung mit dem Gefühl des Selbstzweifels können großartige Kompensationskräfte freisetzen!

2: aus dem Alltag eines Doktoranden

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Nach meinem Studium wollte ich zunächst den Weg in der Wissenschaft gehen, soweit es mir möglich ist. Daher war die Promotion der nächste logische Schritt. So ein großes Vorhaben (vor dem schon viele aus Ehrfurcht und Zweifel kapituliert haben) setzt am Anfang erst einmal gewaltige Motivationskräfte frei.

Man sucht sich ein spannendes Thema, klärt die zahlreichen organisatorischen Fragen und stürzt sich mit Feuereifer in die Arbeit. Soweit so gut. Für eine Weile. Je tiefer man dann in die Materie eingetaucht ist und je mehr Zeit ins Land geht, desto mehr Hindernisse und kritische Fragen tauchen auf. Und schließlich kommt das tiefe, lange und dürre Tal, in dem die Zweifel hinter jedem Strauch lauern und sich einem in den Weg werfen: Ist mein Thema eigentlich so relevant, wie ich dachte? Wende ich nicht die völlig falschen Methoden an? Habe ich alle wichtigen Veröffentlichungen studiert (in Zeiten der allgemeinen Publikationsflut und des Internets eigentlich kaum möglich)? Reicht mein Projekt für so etwas Großes wie eine Promotion überhaupt aus? Letztlich kennen wir alle diese Situation aus vielen verschiedenen Stationen in unserem Leben: der erste Schultag, die Abschlussprüfungen, Ausbildung oder Studium, der erste Job usw. Wenn man noch davorsteht oder mittendrin steckt, kommt einem die Herausforderung riesig groß und manchmal auch unüberwindbar vor. Doch wie oft haben wir uns hinterher gesagt (vor allem, wenn als gutgegangen ist): war doch gar nicht so wild! Ganz genauso ging es mir auch im Rahmen meiner Promotionszeit wieder – nur diesmal gestreckt auf mehrere Jahre… Rückblickend kann ich aber auch hier festhalten: Ohne die schwierige Phase der Zweifel, des Nachtswachliegens, des Kopfkarussells, des gedanklichen Imkreisdrehens durchzustehen, hätte ich meine Dissertation und die daraus erwachsene Publikation mit Sicherheit nicht zu Ende gebracht. Die hohen Abbruchsquoten bei Promotionsvorhaben singen ein Lied davon.

3: das schwarze Loch im Bewerbungsuniversum

Pünktlich zum Höhepunkt meiner sehr intensiven Zeit der wissenschaftlichen Forschungsarbeit, der intellektuellen Auseinandersetzung mit diversen Themenfeldern, des effizienten und effektiven Schaffens, des Gefühls ultimativer Produktivität: Corona.

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Ich hatte gerade meine Dissertation eingereicht, die Gutachten für meine Arbeit erhalten, mein Stipendium bei der Studienstiftung war ausgelaufen und dann das. Durch die ganz besonderen Umstände im Frühjahr 2020 war ich plötzlich komplett auf Eis gelegt. In meinem bisherigen Wirkungsbereich waren sämtliche Türen versperrt. Der Weg durch die PostDoc-Phase ist vor allem in den Geisteswissenschaften ohnehin ein steiniger und mit brutaler, langjähriger Unsicherheit erkaufter. Die Corona-Pandemie hat diese Situation aber plötzlich mit voller Wucht verschärft und die ohnehin knappen wissenschaftlichen Projektstellen noch einmal reduziert. Aus diesen, aber ehrlicherweise auch anderen Gründen musste ich meine Pläne komplett überdenken und mich neu orientieren. Also, auf in die zähe und kräftezehrende Jobsuche als Geisteswissenschaftler. Über ein Jahr habe ich mich dieser Spirale immer wieder ausgesetzt: Bewerbung abschicken, ewig warten auf eine Antwort, knappe Absage ohne große Begründung, Dämpfer fürs Selbstbewusstsein, nächste Bewerbungen losschicken, wieder ewig warten, knappe Absage ohne Begründung, nächster Dämpfer fürs Selbstbewusstsein, nächste Bewerbung… Und je länger dieser Zustand andauerte, desto nagender und drängender wurden die Selbstzweifel: Hast du doch den falschen Weg gewählt? Hättest du lieber BWL oder Jura studiert! Bist du mit deinem Doktortitel überqualifiziert? Berufserfahrung statt Qualifikation, oder? Ist dein Profil verkehrt? Was haben die anderen, was du nicht hast? Wie kannst du in den Bewerbungen noch besser dastehen? Machst du zu viel oder zu wenig? U.v.m.
Und wie man sich denken kann, machte diese negative Gedankenspirale nicht vor den eigentlichen wichtigen Dingen im Leben halt: Privatleben und an erster Stelle Familie. Mein kleiner Sohn und meine Frau mussten oft genug einen in sich versunkenen, grübelnden, zweifelnden und desillusionierten Papa und Mann ertragen und mich seelisch und moralisch stützen.        
Nach vielen dieser teuflischen und entmutigenden Kreisläufen, schlaflosen Nächten und zahllosen wieder aufbauenden partnerschaftlichen Gesprächen, kam dann meine Entscheidung: Wenn es auf diese Weise nicht klappt, muss ich es irgendwie anders versuchen. Es muss endlich ein Licht am Ende des Tunnels her. Ich muss wieder produktiv werden. Die Selbstzweifel müssen in Tatkraft und Optimismus umgemünzt werden, sonst ist das doch alles nur verschwendete Lebenszeit, oder? Es fühlte sich endlich so an, als hätte ich die Talsohle nun erreicht, als könnte es tatsächlich nur noch aufwärts gehen: ein befreiendes Gefühl!

4: Aufbruch in die Selbstständigkeit

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Das Resultat dieses inneren Wandels waren mein Entschluss, mich selbstständig zu machen und die Gründung des denkLABORS elbtal. Interessanterweise hatte ich in dieser Hinsicht zur Abwechslung keinerlei Zweifel.

Egal, wie dieses Abenteuer ausgeht und ob es sich tatsächlich lohnt – es ist alle mal besser, als mich weiterhin auf unbestimmte Zeit diesem ewigen Teufelskreis aus „Hoffnung haben, abgelehnt werden, deprimiert sein, mühsam wieder aufrichten, wieder Hoffnung haben etc.“ auszusetzen.           
Ich will nicht lügen. Natürlich habe ich auch jetzt genügend innere Zweifel, denen ich mich stellen muss: Gehe ich das Ganze richtig an? Warum ist es so schwer, Kunden zu finden? Braucht es einfach Zeit? Präsentiere ich meine Angebote richtig? War die Entscheidung nicht doch irgendwie blauäugig? Aber endlich habe ich nun wieder das Gefühl, welches mir auch als Musiker und in meiner Promotionszeit Kraft und Motivation gegeben hat: Selbstzweifel sind nicht per se schlecht. Sie können positiver Antrieb und pragmatisches Korrektiv zugleich sein, ohne das eigene Selbstvertrauen zu beschädigen und Hilflosigkeit und Lethargie heraufzubeschwören!

5: Beim Schreiben dieses Textes

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Zuguterletzt und um den Bogen zum Anfang dieses Textes zu spannen: Selbst beim Schreiben und Veröffentlichen dieser Zeilen bin ich keineswegs frei von Selbstzweifeln!

Interessiert das überhaupt jemanden? Kommt das alles nicht doch arg wie Jammern rüber? Bin ich in meinen Äußerungen zu belehrend? Sitze ich am Ende nicht vielleicht doch den eingangs beschriebenen Moden auf?      

Wie dem auch sei, ich stelle meine Überlegungen trotzdem zur Diskussion. Quasi als offenen Gedankenraum, der zum gemeinsamen Austausch anregen soll. Es geht hier weder um Vollständigkeit, Perfektion, Wahrheit oder den Anspruch auf exklusives Wissen und Erfahrungen – sondern schlicht um eines: offene und ehrliche Kommunikation über uns und unsere Gefühlswelt!

In diesem Sinne freue ich mich auf zahlreiche Kommentare, Diskussionsbeiträge, Erfahrungsberichte und einen regen Austausch!

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